Clubtreffen 12.12.2022

Treffen des Hayek-Clubs Frankfurt am Main
Montag, 12. Dezember 2022

19:00 bis 22:00 Uhr

Prof. Dr. Dr. hc. mult. Wolf Singer

Gründungsdirektor Ernst Strüngmann Institute for Neuroscience, Frankfurt am Main

„Freier Wille – freie Meinung“

Wollte man es auf den Punkt bringen, so ist Freiheit der alles überwölbende Begriff, mit dem Hayeks Lebenswerk zusammengefasst werden kann. Nicht ohne Grund hat der Hayek-Club Frankfurt dem Thema Freiheit, speziell dem Thema Meinungsfreiheit, genauer: der Meinungsäußerungsfreiheit, eine ganze Vortragsreihe gewidmet. Angefangen von den politisch-philosophischen und rechtlichen Grundlagen der Meinungsfreiheit über die Freiheit in Kunst, Wissenschaft, Forschung und Lehre, in den „social“ media, und nicht zuletzt hinsichtlich der Religionen wurde dabei das ganze Spektrum ausgeleuchtet.

Nun wollen wir uns mit den biologischen Voraussetzungen der Meinungsfreiheit befassen. Dass der freien Meinung ein freier Wille vorausgehen müsse, oder ob es überhaupt einen freien Willen des Einzelnen gebe, war über Jahrhunderte und Generationen von Philosophen Gegenstand kontroverser Ansichten.

Eine besondere Attacke kam 1979 von der Naturwissenschaft, speziell von der Hirnforschung. Der Physiologe Libet zeigte im nach ihm benannten Experiment, dass der Entschluss zu handeln von unbewussten Gehirnprozessen gefällt wird, bevor er als Absicht in das Bewusstsein dringt. Die bewusste Entscheidung ist somit nicht ursächlich für die Handlung, womit die Willensfreiheit und die Verantwortlichkeit des Menschen infrage gestellt ist.

Weitere Studien – Haggard und Eimer (1999), Kühn und Brass (2009) – bestätigten im Wesentlichen die Libet-Ergebnisse, während nach Haynes et.al. (2016) die Freiheit menschlicher Willensentscheidungen wesentlich weniger eingeschränkt sei als angenommen. In einer Meta-Studie legten Braun, Wissler und Friese (2021) dar, dass die empirische Evidenz zu diesem Thema „erstaunlich dünn“ sei und sich eine „Genau-dann-wenn-Beziehung“ nicht eindeutig belegen lasse.

Sind letztlich aber Meinungsfreiheit und Verantwortlichkeit für eigene Entscheidungen ohne vorherige Willensfreiheit überhaupt möglich und denkbar? Und was würde daraus folgen, z.B. für strafrechtliche Konsequenzen? Noch weitergehend: Was würde daraus für das liberale, individuelle eigenverantwortliche Paradigma als Basis freiheitlicher (westlicher) Demokratien folgen?

Herr Prof. Singer, der „Cato senex” der Hirnforschung, wird den aktuellen Forschungs- und Diskussionsstand zum Thema Willensfreiheit resümieren und die Ergebnisse im Spannungsfeld zwischen Neurobiologie und -physiologie einerseits und der grundgesetzlich garantierten Meinungsfreiheit andererseits würdigen.

Herr Prof. Dr. Dr. h.c. mult. Wolf Singer, geb. 1943, studierte von 1962 bis 1968 Medizin an der LMU München, wo er 1968 mit der Arbeit „Die Funktion der telencephalen Kommissuren für bilaterale Synchronisierung des EEG“ promoviert wurde. 1975 wurde er an der medizinischen Fakultät der TU München habilitiert. Von 1981 bis 2011 war er Direktor am Frankfurter Max-Planck-Institut für Hirnforschung. Seit 2008 wirkt er als Senior Fellow am Ernst Strüngmann Institute (ESI) for Neuroscience, dessen Gründungsdirektor er 2008 war. Herr Prof. Singer ist Direktor emeritus am Max-Plack-Institut für Hirnforschung. Seine Forschung ist der Aufklärung neuronaler Grundlagen kognitiver Funktionen gewidmet.

19:00

19:30

19:40

20:30

21:00

22:00

Sektempfang

Begrüßung Dr. Clemens Christmann

Vortrag Prof. Dr. Dr. hc. mult. Wolf Singer

Abendessen

Diskussion

Ende - Ausklang an der Bar

Villa Bonn
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