Clubtreffen 24.03.2025

Treffen des Hayek-Clubs Frankfurt am Main
Montag, 24. März 2025

19:00 bis 22:00 Uhr

Prof. Dr. Elif Özmen

Institut für Philosophie, Justus-Liebig-Universität Gießen

„Was ist Liberalismus (nicht)?“

Wenn es den Liberalismus nicht gebe, müsste man ihn erfinden. Als Feindbild dient er nämlich ganz unterschiedlichen politischen Bewegungen und Agitationen. Von der Erosion ethischer, kultureller und nationaler Bindungen, den gesellschaftlichen Spaltungen und moralischen Verwerfungen über die Entfremdung von Familie, Kirche, Arbeit und Vaterland bis hin zur Krise der Demokratie: Für zahlreiche Pathologien der Gegenwart wird „der Liberalismus“ verantwortlich gemacht.

Zugleich handelt es beim Liberalismus um eine politikphilosophische Theorie, die seit dem 17. Jahrhundert einen bemerkenswerte Erfolgsgeschichte präsentieren kann, nicht zuletzt in Form der modernen säkularen pluralistischen Demokratie mit den Prinzipien des Rechts- und Verfassungsstaats, der Gewaltenteilung, des Parlamentarismus und der universellen Menschenrechte. Ist es wohlmöglich dieser historische Erfolg, der nunmehr einen Niedergang anzeigt gemäß der Phrase, dass sich der Liberalismus tot gesiegt habe, weil ihm die relevanten Gegner ausgegangen seien? Oder gilt noch immer, dass der Liberalismus die schlechteste Regierungs- und Lebensform ist, ausgenommen alle anderen?

Der Vortrag wird diese Frage leidenschaftlich bejahen und zeigen, wie sich Liberalismus gegen seine Verächter, aber auch gegen die vulgären Zerrbilder, die über ihn verbreitet werden, verteidigen lässt. Als Bezugspunkt dient „Freiheit“, die der Liberalismus ja schon im Namen trägt, über deren Bedeutung allerdings auch gegenwärtig heftig gestritten wird.

So trifft es einerseits zu, dass die liberale Freiheit beim Individuum beginnt und die Befugnisse Dritter bei den Freiheitsrechten des Einzelnen enden. Aber andererseits beschränkt sich die individuelle Freiheit keineswegs auf das Ich, wie es einige propagieren: Seien es vulgäre Verteidiger eines vermeintlichen Liberalismus (z.B. Rechtspopulismus, Wissenschaftskritik bei Themen wie Corona oder Klima oder auch der radikale Libertarismus), seien es Ankläger des Liberalismus (Kommunitarismus oder auch Linkspopulismus und Neo-Marxismus).

Vielmehr gilt: Meine Freiheit findet ihre Grenze da, wo die Freiheit anderer beginnt und durch mein Verhalten eingeschränkt oder gar verletzt werden könnte. So lässt sich Freiheit einerseits „atomistisch“, als das unbeschränkte natürliche Recht auf alles und jeden, verstehen. Aber andererseits ist eine solche libertäre oder anarchische Freiheit nicht die Regel, sondern der Sonderfall des Liberalismus, der die Sozialität, Kooperationsfähigkeit und auch Bedürftigkeit der Individuen weder leugnet, noch marginalisiert oder verächtlich macht. Vielmehr gilt: Liberale Freiheit hat soziale, ethische, ökonomische und politische Dimensionen. Als Anwendungsfälle für diese Ausführungen zum komplexen liberalen Freiheitskonzept werden zwei hochaktuelle öffentliche Debatten dienen, auf die der Vortrag als Überleitung in die Diskussion eingehen wird: die Debatte um Toleranz als liberale Tugend in der pluralistischen Gesellschaft und die Debatte um Meinungsfreiheit als liberales Grundrecht in der freiheitlichen Demokratie.

Frau Prof. Dr. Özmen studierte Philosophie, Wissenschaftsgeschichte und Deutsche Philologie in Göttingen und Frankfurt am Main von 1993 bis 1999. Im Jahr 2004 wurde sie an der Humboldt-Universität zu Berlin mit einer Doktorarbeit zum Thema: „Moral, Rationalität und gelungenes Leben“ promoviert. Daran schloss sich ihre Habilitation an der LMU München mit einer Arbeit zum Thema: „Wahrheit und Rechtfertigung. Zur politischen Philosophie des Liberalismus“ im Jahr 2010 an. Sie war Stipendiatin der Studienstiftung des deutschen Volkes von 1993 bis 2003.

Im Zweitraum von 2003 bis 2011 war sie als wissenschaftliche Assistentin beschäftigt in Göttingen und an der LMU München. Im Jahr 2002 war sie als persönliche Referentin des Staatsministers für Kultur und Medien im Bundeskanzleramt, Prof. Dr. Julian Nida-Rümelin (SPD), tätig.

Nach Vertretungsprofessuren in Hamburg und Regensburg erhielt sie im Jahr 2013 eine W2-Professur für Praktische Philosophie an der Universität Regensburg. Seit 2016 ist Frau Prof. Dr. Özmen W3-Professorin für Philosophie mit den Schwerpunkten theoretische Ethik und politische Philosophie an der Justus-Liebig-Universität Gießen.

Ihre Arbeitsschwerpunkte sind Theorien der (Un-)Gerechtigkeit; Theorie und Kritik der Demokratie; der Liberalismus in ethischer und politischer Hinsicht; Probleme der Modifikation und Manipulation der menschlichen Natur / Human Enhancement; sowie Freiheit und Ethos der Wissenschaft.

Frau Prof. Dr. Özmen ist Mitglied im Wissenschaftlichen Beirat der Stiftung Bundespräsident-Theodor-Heuss-Haus, des Kuratoriums des Deutschen Studienpreises der Körber-Stiftung sowie im Vorstand der Gesellschaft für analytische Philosophie. Im vergangenen Jahr ist ihr Buch „Was ist Liberalismus?“ im Suhrkamp Verlag erschienen.

19:00

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20:30

21:00

22:00

Sektempfang

Begrüßung Dr. Clemens Christmann

Vortrag Prof. Dr. Elif Özmen

Abendessen

Diskussion

Ende - Ausklang an der Bar

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