Dokumentation
Hayek-Tagung 2024
des Hayek-Clubs Frankfurt und der Frankfurt Students for Liberty
Was hätte uns Hayek heute zu sagen?
Tagung zum 125. Geburtstag von Friedrich August von Hayek
Mittwoch, 29.05.2024
10 bis 16 Uhr
Goethe-Universität Frankfurt am Main
Campus Westend, House of Finance, Commerzbank Saal
Theodor-W.-Adorno-Platz 3, 60323 Frankfurt am Main
Programm
Prof. Dr. Hansjörg Klausinger:
„Friedrich A. Hayek: Wegbereiter eines neuen Liberalismus“
Hayeks Annäherung an den Liberalismus begann bereits in seiner Wiener Zeit, als er sich von den Vorurteilen seines Umfeldes emanzipierte. In den 1930er Jahren suchte Hayek, als Reaktion auf den Niedergang des Liberalismus sowohl in der aktuellen Politik als auch in der intellektuellen Diskussion, nach einem neuen Ansatz für die Begründung eines lebensfähigen Liberalismus. Das führte zunächst zur Klärung des Gegensatzes zum „alten“ Liberalismus und dessen Doktrin des Laisser Faire (als einer Befürwortung staatlichen „Nichtstuns“). Dagegen sah Hayek eine wichtige Aufgabe des Staates darin, einen rechtlich-institutionellen Rahmen für die Marktwirtschaft, eine „Wettbewerbsordnung“, vorzugeben. Der Diskussion dieses Regelwerks, als eines positiven Programms für den Liberalismus, sollte auch die Gründung der Mont Pèlerin Society dienen; Hayek selbst stellte seinen Entwurf in der Constitution of Liberty vor. Beispiele für kontroversielle Standpunkte innerhalb dieser Diskussion bieten die Wettbewerbspolitik und die Stellung zum Konservatismus, in der späteren Phase Hayeks auch die Frage, ob adäquate Regelwerke „erfunden“ oder „entdeckt“ werden.
Prof. Dr. Hansjörg Klausinger ist ao. Professor im Ruhestand für Volkswirtschaft an der Wirtschaftsuniversität Wien (WU). Sein Forschungsschwerpunkt liegt in der Geschichte der Wirtschaftstheorie des 20. Jahrhunderts, insbesondere der Österreichischen Schule, sowie der Geschichte der ökonomischen Ideen. In den letzten Jahren hat er sich vorwiegend mit Friedrich A. von Hayek beschäftigt und unter anderem jeweils zwei Bände der englischsprachigen und der deutschsprachigen Gesamtausgabe herausgegeben, die die Geld- bzw. Konjunkturtheorie behandeln. Im Jahr 2022 veröffentlichte er zusammen mit. Bruce Caldwell (Duke University) den ersten von zwei geplanten Bänden der Hayek-Biographie, „Hayek: A Life“. The Economist nannte das Buch unter den besten Büchern des Jahres 2022.
Vortrag Prof. Dr. Hansjörg Klausinger
Dr. Stefan Schweighöfer
„Die Grenzen des Planbaren: Hayeks Theorie der spontanen Ordnung im Kontext der europäischen Geistesgeschichte“
Hayeks politische Philosophie und Ökonomie zeichnen sich besonders durch zwei Einsichten aus, die sich in nahezu allen Werken Hayeks in irgendeiner Weise wiederfinden lassen, nämlich seine Idee von der Fragmentierung und Limitierung all unserer Wissensbestände einerseits und seine Theorie der spontanen Ordnung andererseits. Beide Konzepte sind maßgeblich für die Originalität von Hayeks Grundpositionen verantwortlich und treten besonders in seinen späten Werken, etwa in seinem dreibändigen Werk Law, Legislation and Liberty, als methodische Fundierung seiner politischen Ökonomie in Erscheinung. Dabei knüpft Hayek hier systematisierend an ältere Traditionen an, in denen er eine Problembehandlung am Werke sieht, die für ihn grundlegend sowohl für die neuzeitliche Geistesgeschichte wie auch für die Formierung der Ökonomie als Wissenschaft sind. Der Vortrag möchte einerseits die Funktionsweise von Hayeks Theorie der spontanen Ordnung beleuchten, andererseits aber zeigen, wie sich Hayek in eine bestimmte Strömung der Entwicklung der Wissenschaften einfügt. Dabei wird auch die herausragende Bedeutung der Einsichten Hayeks für die Probleme unserer Gegenwart deutlich, sei dies im Bereich der Ökonomie, der Philosophie oder der politischen Theorie.
Dr. Stefan Schweighöfer ist wissenschaftlicher Mitarbeiter an der Goethe-Universität Frankfurt, wo er Volkswirtschaftslehre, Philosophie, Betriebswirtschaftslehre und mittlere und neuere Geschichte studierte. Seine Forschungsschwerpunkte liegen in dem Schnittbereich von Philosophie und Ökonomie, in der lateinischen Philosophie der Mittelalters und der Frühen Neuzeit, der Philosophie der Schottischen Aufklärung und der Ökonomie der Österreichischen Schule. Aktuell nimmt Herr Schweighöfer die Projektleitung des von der Mainzer Akademie der Wissenschaften und der Literatur finanzierten Projekts „Die Schule von Salamanca: eine digitale Quellensammlung und ein Wörterbuch ihrer juristisch-politischen Sprache“ wahr.
Vortrag Dr. Stefan Schweighöfer
Prof. Dr. Claudia Rose:
„Wissen und Markt bei Hayek – Künstliche Intelligenz als das Ende des Liberalismus?“
Zu Hayeks einflussreichsten Positionen gehört die Überzeugung, dass staatliche Wirtschaftssteuerung unmöglich sei. Sein Hauptargument war die mangelnde Zentralisierbarkeit des relevanten Wissens aller Marktteilnehmer, so dass jede Form zentraler Steuerung eine „Anmaßung von Wissen“ darstellen müsse, während der Markt das verstreute Wissen und die spezifischen Fähigkeiten aller Individuen bestmöglich nutzen könne und der Wettbewerb zur Entdeckung neuen Wissens führe. Warum diese Argumente auch in einem Zeitalter künstlicher Intelligenz aktuell bleiben und KI nicht das Ende des Liberalismus ist, zeigt ein Blick auf Hayeks Werk und die Rolle spontaner Ordnungen.
Prof. Dr. Claudia Rose ist Professorin für Volkswirtschaftslehre an der FOM Hochschule in Frankfurt am Main. Nach dem Studium der Volkswirtschaftslehre an der Goethe-Universität Frankfurt am Main sowie dem Studium der Rechtwissenschaften an der Goethe-Universität Frankfurt am Main und der FernUniversität Hagen erfolgte 2014 ihre Promotion an der Goethe-Universität Frankfurt am Main zum Dr. rer. pol. zum Thema Wettbewerb und Unternehmertum in Osteuropa aus Sicht der Österreichischen Schule. Seit 2015 ist sie Professorin für Volkswirtschaftslehre an der FOM Hochschule für Oekonomie und Management am Studienzentrum Frankfurt am Main. Dort ist sie stellvertretende wissenschaftliche Gesamtstudienleiterin seit 2022.
Vortrag Prof. Dr. Claudia Rose
Prof. Dr. Thomas Biebricher:
„Kritik und Reform der Demokratie im Denken F. A. von Hayeks“
Friedrich August von Hayek wurde nicht müde, vor den Gefahren einer unbegrenzten Demokratie zu warnen. Im Vortrag soll es zunächst um eine kritische Würdigung seiner diesbezüglichen Diagnose und der entsprechenden Reformvorschläge Hayeks gehen. Im Folgenden wird der Frage nachgegangen, wie vor dem Hintergrund von Hayeks Demokratiekritik seine umstrittenen Stellungsnahmen zur Pinochet-Diktatur in Chile einzuordnen sind. Der Vortrag bilanziert abschließend, ob – und gegebenenfalls was – uns der Demokratietheoretiker Hayek heute noch zu sagen hat.
Prof. Dr. Thomas Biebricher ist Heisenberg-Professor für Politische Theorie, Ideengeschichte und Theorien der Ökonomie an der Goethe-Universität Frankfurt am Main. Seine Forschung konzentriert sich auf die Ursachen und Inhalte neoliberaler Politik unter Bezugnahme auf führende Wirtschaftstheoretiker des Ordo- und Neoliberalismus wie Walter Eucken, Wilhelm Röpke, Friedrich August von Hayek und Milton Friedman. Besondere Schwerpunkte liegen auf den Schnittstellen zwischen zeitgenössischer politischer Theorie und politischer Ökonomie sowie der Krise des gemäßigten Konservatismus in Deutschland und Europa. Zu seinen Werken zählen unter anderem "Die politische Theorie des Neoliberalismus" (Suhrkamp, Berlin, 2021) und "Soziale Marktwirtschaft und Ordoliberalismus zur Einführung" (Junius, Hamburg, 2020). Sein neuestes Buch "Mitte/Rechts: Die internationale Krise des Konservatismus" untersucht die Entwicklung des gemäßigten Konservatismus seit 1990 und seinen Einfluss auf die liberale Demokratie.
Vortrag Prof. Dr. Thomas Biebricher
Moderator:
Dr. Johannes Bachmann
Dr. Johannes Bachmann ist seit 2021 ehrenamtlicher Vorsitzender der gemeinnützigen „Friedrich August von Hayek-Stiftung für eine freie Gesellschaft“, Freiburg. In seinem Studium der Volkswirtschaftslehre und seiner Promotion hat er sich intensiv mit der theoretischen Wirkung von Klimapolitik auseinandergesetzt. Als ausgebildeter Marineoffizier und Berufssoldat mit umfangreicher maritimer Einsatzerfahrung ist er derzeit im Bundesministerium der Verteidigung tätig.