Erklärung des Vorstands des Hayek-Clubs Frankfurt: Pro Bargeld – Pro Freiheit

Bargeld ist geprägte Freiheit:
Keine Obergrenze! Keine Abschaffung!

Der Hayek-Club Frankfurt am Main tritt für den vollständigen Erhalt der Zahlungsmöglichkeit mit Bargeld ein. Wir lehnen alle Formen der Einschränkung von Bargeld ab. Zahlungen ausschließlich elektronisch abzuwickeln zu dürfen, das wäre zu wenig.

  • Wir wollen die 500-Euro-Geldscheine behalten und sind gegen ihre von SPD-Politikern geforderte und vom EZB-Präsidenten erwogene Abschaffung.
  • Wir wollen weiter unbegrenzt Käufe bar bezahlen dürfen und sind gegen eine Einführung der vom Bundesfinanzministerium vorgeschlagenen Obergrenze für Bargeldzahlungen von 5.000 Euro.
  • Wir wollen, dass Bürger und Unternehmen weiterhin alle ihre Geschäfte untereinander mit Geldscheinen ohne Begrenzung tätigen dürfen. Die von Politikern oder Wissenschaftlern propagierten Pläne zur völligen Abschaffung von Bargeld lehnen wir entschieden ab – egal ob sie für Deutschland, Europa oder weltweit gedacht sind.

In Anlehnung an den russischen Schriftsteller Fjodor Dostojewski steht für uns fest: Bargeld ist geprägte Freiheit. Wir Bürger wollen das Recht und die technische Möglichkeit behalten, frei darüber zu entscheiden, welche Geschäfte wir mit Bargeld tätigen und welche wir über elektronischen Zahlungsverkehr abwickeln. Wir wollen frei entscheiden, ob und wo wir digitale Spuren hinterlassen und wo nicht. Wir wollen nicht, dass Staaten bzw. Finanz- oder Internetunternehmen in jedem Fall wissen können, welcher Bürger wann, wo und was gekauft hat. Und sie sollen auch nicht automatisch wissen, wo und wofür private Unternehmen aus Industrie, Handel und Handwerk ihr Geld ausgeben. Wir lehnen das Leitbild eines „gläsernen Bürgers“, eines „gläsernen Konsumenten“ und eines „gläsernen Unternehmens“ ab.

Die schrecklichen Erfahrungen mit den totalitären Diktaturen des 20. Jahrhunderts mahnen uns zur besonderen Wachsamkeit gegenüber neuen Kontrollmöglichkeiten und Kontrollrechten, die Politiker dem Staat verschaffen wollen: Unsere grundgesetzlich geschützten Freiheitsrechte würden bereits verletzt, wenn der Staat Instrumente erhielte, die „lediglich“ das Potential zur weitgehenden Kontrolle über unser privates und wirtschaftliches Leben haben. Denn dann würden Bürger sich bereits genötigt fühlen, heute völlig legale Verhaltensweisen zu verändern, weil sie die Sorge haben könnten, dafür in Zukunft sanktioniert zu werden. Das betrifft alle Aspekte des Alltags, etwa das Essen (fettreiches Essen, Fleisch) und das Trinken (Alkohol), die Wohltätigkeit (wer spendet wem?), die Religion, den Sport (Extremsportarten und Krankheitskosten) oder die sonstige Freizeitgestaltung (welche Kinofilme, welche Vergnügungsveranstaltungen?), und es reicht bis zur Auswahl der politischen Bücher und Zeitschriften, die Bürger sich heute „noch“ trauen zu lesen.

Wir sagen: Es geht den Staat, seine Verwaltung und seine Politiker überhaupt nichts an, wofür wir Bürger unser Geld ausgeben. Und sie sollen auch keine systematische Chance haben, es zu wissen! Wir wollen dem Staat nicht noch mehr Möglichkeiten zur Beeinflussung von Lebensweise und Konsum sowie von Sparverhalten und Investition von Bürgern bzw. privaten Unternehmen zugestehen. Die Begrenzung oder Abschaffung von Bargeld wäre ein weiterer Schritt auf dem „Weg zur Knechtschaft“, vor der der Wirtschafts- und Sozialwissenschaftler und spätere Wirtschaftsnobelpreisträger Friedrich August von Hayek 1944 im Exil in London so eindringlich warnte und zur Verteidigung der Freiheit gegen die „Sozialisten in allen Parteien“ aufrief. Im heutigen Deutschland dürfen wir keine weiteren Abstriche von der offenen Gesellschaft und dem demokratischen Rechtsstaat zulassen. Unser Land darf sich nicht schleichend zum Überwachungsstaat entwickeln!

Doch die Kombination aus Digitalisierung der Kommunikation (Smartphones), der Mobilität (smart car, electronic ticketing) und des Konsums (digitales Bezahlen, RFID) bewirkt schon heute, dass ein großer Teil unseres privaten Lebens nicht mehr ohne elektronische Spuren vorstellbar ist. Würde nun auch das Bargeld abgeschafft oder sein Gebrauch staatlich eingeschränkt, wären nahezu alle technischen Voraussetzungen für eine weitgehend lückenlose Überwachung der Bürger durch Staat und Finanz- und Internetunternehmen gegeben.

Wie bei vielen politischen und gesellschaftlichen Veränderungen gilt es, von Anfang an wachsam und skeptisch zu sein: Auch eine – nur auf den ersten Blick – hohe Obergrenze von 5.000 Euro gibt dem Staat zusätzliche Kontrollrechte zu Lasten unserer Freiheit. Und wer Freiheit wertschätzt, kann sich auch nicht damit herausreden, dass die meisten Bürger kaum betroffen seien, da sie nur selten Käufe in dieser Höhe tätigten: Freiheit bedeutet vor allem die Möglichkeit etwas tun zu können. Und wer den Einsatz von Bargeld zu Anfang „nur“ begrenzen will, eröffnet den Weg zur schrittweisen Abschaffung von Bargeld. Es ist zu befürchten, dass eine Obergrenze kontinuierlich abgesenkt wird – bis auf null. Wir verwahren uns gegen eine solche Salamitaktik.

In der EU gibt es abschreckende Negativbeispiele für Staaten, die das Zahlungsverhalten ihrer Bürger zu steuern versuchen: In Dänemark müssen Tankstellen, Restaurants und kleine Läden bald kein Bargeld mehr annehmen – die Funktion der Annahmepflicht eines gesetzlichen Zahlungsmittels wird also massiv eingeschränkt. Und die dänische Notenbank will von 2017 an keine Geldscheine mehr drucken. In Schweden können einige Zahlungen schon jetzt nur noch mit „Plastikgeld“ oder Handy-App vorgenommen werden. In Frankreich wurden seit September 2015 Barzahlungen auf 1.000 Euro beschränkt.

Begründungen für die Begrenzung oder Abschaffung des Bargelds speisen sich aus drei Argumentationssträngen, die im Einzelnen wie auch in ihrer Gesamtheit keine überzeugende Rechtfertigung für eine neue Freiheitseinschränkung darstellen:

  • Bargeld sei altmodisch, teuer und unpraktisch. Es habe sich in Zeiten des Plastikgeldes, der RFID-Chips und der SIM-Karten (Zahlen per Handy) überlebt.Diese Auffassung wird durch die weit verbreitete, alltägliche Bargeldverwendung nicht bestätigt. Im Übrigen sollte es den Marktteilnehmern überlassen bleiben zu entscheiden, welche Zahlungsweise für sie die günstigste ist.
  • Bargeld fördere Schwarzarbeit, Steuerhinterziehung, Drogenhandel und Terrorismus, da sich die in bar abgewickelten Zahlungsströme nicht nachverfolgen ließen.Dieses Argument ist ernster zu nehmen. Gleichwohl gibt es auch in der „digitalen Welt“ viel Kriminalität. Und es erscheint schwer vorstellbar, dass der Kampf gegen Terroristen signifikant gestärkt würde, wenn es kein Bargeld mehr gäbe. Dieser Eingriff erschiene weder als hinreichend wirksam und geeignet noch als verhältnismäßig.
  • Bargeld verhindere, dass die Notenbanken ihre Geldpolitik wirkungsvoller durchsetzen, da sich Bürger negativen Zinsen durch Haltung von Bargeld entziehen können.

    Diese Aussage trifft zu. Wir widersprechen ihr aber normativ: Wir gewichten die Freiheit der Bürger höher als die geldpolitischen Anliegen des Staates.

Verwendung von Bargeld ist aus Sicht des Hayek-Clubs Frankfurt – erstens – ein grundgesetzlich geschütztes Recht auf informationelle Selbstbestimmung sowie auf Vertragsfreiheit und Privatautonomie und – zweitens – ein Recht auf Schutz des privaten Vermögens:

  • Schutz des Privatlebens vor indirekter BeeinflussungAls Bürger sind wir im Rahmen der Gesetze niemandem rechenschaftspflichtig, wie wir leben und ob wir „etwas zu verbergen“ haben – ganz gleich, ob es um konsumtive, kulturelle, religiöse oder andere Aspekte geht. Eine Beweislastumkehr darf es im Rechtsstaat nicht geben. Nicht der Bürger muss – schon gar nicht in vorauseilendem Gehorsam – beweisen, dass er „nichts zu verbergen“ hat. In einem freiheitlichen Rechtsstaat gilt nicht nur die Unschuldsvermutung so lange, bis das Gegenteil bewiesen ist, sondern es sollte auch niemand und erst recht nicht der Staat eine Atmosphäre erzeugen, in der Bürger sich unter einen Generalverdacht gesetzt fühlen und dann „freiwillig“ ihr Verhalten ändern. Deshalb bewegen sich Politiker, die uns Bürgern ein elementares Freiheitsrecht entziehen wollen – nämlich keine Datenspuren zu hinterlassen – nicht nur außerhalb unserer Verfassung, sondern sie missachten auch das Leitbild der möglichst offenen Gesellschaft im Sinne von Karl Popper.
  • Schutz des Privatlebens vor einer direkten Steuerung des AusgabenverhaltensIn rein elektronischen Zahlungssystemen können Bürger leichter direkt gesteuert und von Lebensbereichen, Gütern und Dienstleistungen ausgeschlossen werden als in einer Welt mit Bargeld. Wer kann einen allmächtigen Staat daran hindern, dass er „gute“ und „schlechte“ Ausgaben definiert und elektronische Bezahldienste für „schlechte“ Ausgaben sperrt? Dürfen stark Übergewichtige weiter Currywurst kaufen? Dürfen psychisch kranke Bürger weiterhin Alkohol kaufen? Wir müssen verhindern, dass allmählich ein Überwachungsstaat entsteht, der Bürger vom Geschäftsverkehr ausschließt, weil sie sich missliebig verhalten.
  • Schutz unserer Vermögen vor einer Zinssteuer der ZentralbankEinige Notenbanker, Finanzminister und keynesianische Ökonomen wollen die Bürger in die elektronischen Systeme für Zahlungen und Vermögensaufbewahrung zwingen, weil dann Geldpolitik effektiver sei. Ohne Bargeld wären die Bürger den von den Notenbanken verursachten Negativzinsen weitgehend schutzlos ausgeliefert. Wir hingegen wollen, dass die Bürger sich weiterhin dafür entscheiden dürfen und können, sich der Geldpolitik durch die Haltung von Bargeld zu entziehen. Beispielsweise weil derzeit rund 50 Prozent der deutschen Staatsanleihen eine negative Rendite haben.
  • Schutz unserer Vermögen vor einer ausufernden Fiskalpolitik

    Bargeld begrenzt die Wirksamkeit von Geldpolitik. Bargeld kann somit ein gewisser Schutz gegen unsolide Haushaltspolitik sein, die am Ende durch die Druckerpresse und mit negativen Zinsen finanziert wird. Ohne Bargeld wäre es leichter, durch negative Zinsen Vermögen von privaten Gläubigern zu öffentlichen Schuldnern umzuverteilen. Die Bargeldabschaffung würde eine neue Stufe der vorherrschenden „finanziellen Repression“ einläuten, die massiv Vermögen hin zum Staat umverteilt.

Der Hayek-Club Frankfurt ruft die deutsche und die EU-Politik einschließlich der EZB auf, die Verwendung von Bargeld dauerhaft zu gewährleisten und sie in keinster Weise zu begrenzen. Wir sind mündige Bürger, keine Datenpakete. Friedrich August von Hayek hatte Recht, als er schrieb: „Die Freiheit stirbt in kleinen Schritten.“ Die Abschaffung des Bargelds wäre ein großer Schritt in die falsche Richtung.

Hayek-Club Frankfurt am Main e.V.
Schillerstraße 20, 60313 Frankfurt am Main
www.hayek-frankfurt.de

Erklärung zum Streit in der Hayek-Gesellschaft

Beschluss des Vorstands des Hayek-Clubs Frankfurt am Main

Wir bedauern, dass Meinungsverschiedenheiten zwischen hochangesehenen und freiheitlich gesinnten Wissenschaftlern, Unternehmern, Publizisten und Politikern innerhalb der HayekGesellschaft zu einem heftigen sachlichen und auch persönlichen, zum Teil öffentlich ausgetragenen Disput geführt haben, in dessen Verlauf mehrere Dutzend Mitglieder ihren Austritt aus der Gesellschaft erklärt haben. Der Hayek-Club Frankfurt am Main ist rechtlich und organisatorisch unabhängig von der Hayek-Gesellschaft, aber dieser ideell verbunden.

Wir hätten es begrüßt, wenn die Diskussionen in der Hayek-Gesellschaft intern ausgetragenen worden wären und die Hayek-Gesellschaft nicht zu Unrecht unter einen falschen Generalverdacht gestellt worden wäre, der durch die Vorwürfe der ausgetretenen Vorsitzenden entstanden ist. Die Unterstellung einer Unterwandung durch „Reaktionäre“, wie es die ausgetretene Vorsitzende formulierte, trifft nach unserem Eindruck nicht zu. Vielmehr gibt es in der Hayek-Gesellschaft ein breites Spektrum an liberalen Meinungen, etwa von Ordoliberalen, Rechts- und Linksliberalen, christlichen Liberalen und auch wertkonservativen Liberalen. Alle Richtungen befruchten sich und tragen zu einem belebenden Diskurs um die liberalen Anliegen bei. Es kommt nun darauf an, wieder Brücken zwischen den unterschiedlichen Denkrichtungen zu schlagen.

Wir werden im Hayek-Club Frankfurt am Main wie bisher für die Freiheit eintreten, für sie werben und vor Gefährdungen der Freiheit warnen. Es geht uns um die Verbreitung der Idee einer „Verfassung der Freiheit“ – einem Grundanliegen Friedrich August von Hayeks. Dabei pflegen wir eine ergebnisoffene Debattenkultur. Links- und Rechtsliberale, Marktliberale, Nationalliberale, Sozialliberale, Neo- und Ordoliberale – sie alle und alle weiteren freiheitlich gesinnten Bürger sind bei uns willkommen und können ihre Argumente zur Diskussion stellen. Hingehen würden sich Illiberale und Kollektivisten bei uns nicht zuhause fühlen. Und wir sind und bleiben überparteilich.